Zentralbankgeld im digitalen Zeitalter: Das Pilotprojekt Helvetia III

Zentralbanken weltweit prüfen aktuell den Einsatz technologischer Innovationen unter gleichzeitiger Sicherstellung der Währungs- und Finanzstabilität. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat in diesem Kontext im Dezember 2023 die dritte Phase des Helvetia-Projekts eingeleitet, um versuchsweise einen digitalen Franken für Finanzinstitute auszugeben (zum Referat der SNB-Konferenz vom 8. April 2024). Auf internationaler Ebene leistet die SNB damit Pionierarbeit, indem sie Zentralbankgeld in digitaler Form über eine regulierte Infrastruktur von Drittfinanzmärkten anbietet.

Die Funktionsweise des monetären Systems

Das Geldsystem besteht heute aus zwei Arten von Geld: Zentralbankgeld und Geschäftsbankengeld. Das Zentralbankgeld entspricht den Sichtguthaben für Finanzinstitute und den Banknoten für die Allgemeinheit, während das Geschäftsbankengeld die Bankeinlagen der Kunden umfasst. Das heutige Geldsystem basiert folglich auf der Koexistenz und gegenseitigen Ergänzung von Zentralbank- und Geschäftsbankengeld; so erfolgen beispielsweise elektronische Zahlungen von Privatpersonen und Unternehmen mit Geschäftsbankengeld, werden aber letztlich durch Zentralbankgeld zwischen den Geschäftsbanken abgewickelt.

Tokenisierungstrend als Treiber eines innovativen Finanzsystems: Pilotprojekt Helvetia III läuft

Bei der Tokenisierung von Vermögenswerten werden Assets auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie in digitaler Form abgebildet. Aufgrund der wachsenden Bedeutung der Tokenisierung im Finanzsektor reagiert die SNB auf diesen Trend und erforscht Möglichkeiten, wie tokenisierte Vermögenswerte mit Zentralbankgeld verknüpft werden können. Einen vielversprechenden Ansatz stellt dabei die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung für den Interbankenverkehr, auch als Wholesale Central Bank Digital Currency (Wholesale CBDC) bekannt, dar. In der aktuellen dritten Phase des Helvetia-Projekts soll dieses Konzept getestet werden.

Das Pilotprogramm zeichnet sich dadurch aus, dass es tokenisierte Vermögenswerte und digitales Zentralbankgeld auf einer gemeinsamen Plattform vereint. Konkret wird die Wholesale CBDC in Schweizer Franken über die Plattform eines externen Anbieters emittiert und die digitale Zentralbankwährung dann genutzt, um Transaktionen mit tokenisierten Vermögenswerten durchzuführen. Diese Integration soll die Zuverlässigkeit, Effizienz und Flexibilität des tokenisierten Finanzökosystems maximieren und eine erhöhte Sicherheit bei Finanzgeschäften erzielen.

Auf der regulierten Plattform SIX Digital Exchange (SDX) können ausgewählte Banken im Rahmen des aktuellen Pilotbetriebs durch Einsatz der Wholesale CBDC in Schweizer Franken Transaktionen mit tokenisierten Anleihen abwickeln.

Zwischenfazit - bisherige Erkenntnisse aus dem Helvetia-Experiment

Wie die SNB anlässlich ihrer Konferenz im vergangenen April mitgeteilt hat, demonstriert das Projekt Helvetia III, dass eine Wholesale CBDC als wirksames Instrument dienen kann, um die Vorzüge von Zentralbankgeld-Abwicklungen in ein tokenisiertes Finanzsystem zu übertragen. Das Pilotprogramm zeigt im Rahmen der bislang gewonnenen Erkenntnisse, dass mit diesem Ansatz die entscheidenden Stärken, die mit der Verwendung von Zentralbankgeld in einem Zahlungssystem einhergehen – die Aufrechterhaltung der Finanzstabilität durch doppelte Risikominderung, namentlich durch Eliminierung des Kreditrisikos und Reduzierung des Liquiditätsrisikos auf ein Minimum – auch in einer zunehmend digitalisierten und tokenisierten Finanzwelt erhalten bleiben können. Allerdings gilt es rund um die Thematik noch eine Vielzahl an komplexen offenen Fragen in Bezug auf Strategien, Lösungen und Governance zu beantworten, wie die SNB ausführt.

Ausserdem wird das digitale Zentralbankgeld der breiten Bevölkerung bis auf Weiteres nicht zugänglich sein. Die SNB sieht gegenwärtig keinen Bedarf für die Einführung von digitalem Zentralbankgeld als Zahlungsmittel für Kundenzahlungen (Retail CBDC). Die potenziellen Risiken, die mit der Einführung einer Retail CBDC verbunden seien, würden derzeit die möglichen Vorteile überwiegen, zudem seien bereits zahlreiche effiziente und innovative Zahlungsinstrumente vorhanden. Die SNB konzentriert sich demzufolge vorerst darauf, die Rolle des Zentralbankgeldes als monetären Anker zu stärken und die Effizienz des Zahlungsverkehrs zu verbessern, wie etwa durch die bereits erfolgte Einführung von Instant Payment im August 2024.

19.09.2024