Lessons learned aus der nichtfinanziellen Berichterstattung nach OR 964a

Erste Erfahrungen

Viele Unternehmen müssen seit dem Geschäftsjahr 2023 über nichtfinanzielle Aspekte, u.a. zum Thema Nachhaltigkeit, berichten. Für das Geschäftsjahr 2024 kommt die Pflicht zur Berichterstattung nach TCFD (Task Force on Climate-related Financial Disclosures) hinzu. Infolge der stetig steigenden Vorgaben liegt der Fokus der Berichtenden darauf, compliant zu sein. Die Anforderungen einzuhalten stellt für viele Unternehmen bereits eine Herausforderung dar. Zudem wurden vermehrt Ambitionsziele im Bereich Nachhaltigkeit reduziert, um allfällige Risiken in Bezug auf Greenwashing - etwa wegen Nichterreichens zu hoch gesteckter Ziele - zu vermeiden.

Wie sich zeigt, wurde der zeitliche Aufwand für die Umsetzung der neuen Berichtspflichten nach OR 964a vielfach unterschätzt, sodass die entsprechenden Herausforderungen zusätzlich und parallel zu bestehenden Aufgaben bewältigt werden müssen. Weiter erschweren unterschiedliche Regelungen in der Schweiz und im Ausland die Einhaltung der Vorschriften. Die Integration dieser Anforderungen in bestehende Prozesse ist von zentraler Bedeutung, die Beschaffung und Validierung der erforderlichen Daten gestaltet sich jedoch häufig anspruchsvoll. Besonders herausfordernd kann das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit sein.

Nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit muss ein Thema in der nichtfinanziellen Berichterstattung eines Unternehmens Berücksichtigung finden, wenn es entweder mit finanziellen Auswirkungen auf das Unternehmen in Zusammenhang steht (finanzielle Wesentlichkeit, Outside-In-Perspektive) oder wenn sich Geschäftstätigkeiten des Unternehmens wesentlich auf die Umwelt und die Gesellschaft auswirken (Auswirkungswesentlichkeit, Inside-Out-Perspektive). Hierunter sind sowohl Chancen als auch Risiken zu verstehen. Wird ein Thema folglich aus mindestens einer der beiden Perspektiven als wesentlich qualifiziert, ist es in die nichtfinanzielle Berichterstattung zu integrieren.

Das Einbeziehen der Stakeholder als wertvolle Informationsgeber ist für die Wesentlichkeitsanalyse sowie die Erfüllung der Sorgfaltspflichten entscheidend, um den verschiedenen Erwartungen gerecht zu werden und den Nutzen der Berichte zu gewährleisten. Wer zudem nach internationalen Vorgaben wie CSRD/ESRS oder GRI berichtet, muss die Einbindung der Stakeholder künftig beschreiben.

Ausblick

EU-Regulierungen werden oft zeitverzögert auch von der Schweiz mit einem «Swiss Finish» übernommen. Gemäss Vernehmlassung vom 26. Juni 2024 hat der Bundesrat entschieden, die Nachhaltigkeitsberichterstattung an internationale Vorgaben anzugleichen, mehr Unternehmen zu verpflichten und eine Prüfpflicht durch eine Revisionsstelle oder einer Konformitätsbewertungsstelle einzuführen. Damit muss die finanzielle sowie nichtfinanzielle Berichterstattung in einem integrierten Report zusammengeführt werden, wie es gemäss CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) in der EU bereits der Fall ist. Für Schweizer Finanzinstitute wird am 1. Januar 2025 beispielsweise zusätzlich das neue FINMA-Rundschreiben «Naturbezogene Finanzrisiken» in Kraft treten.

Fazit

Die zunehmende Regulierung und die Verschärfung der Anforderungen stellen Unternehmen verschiedentlich vor Herausforderungen. Diese Regelungen zur nichtfinanziellen Berichterstattung treffen auch Unternehmen, die grundsätzlich nicht den Berichtspflichten unterstehen, aber indirekt über die Lieferkette den Ansprüchen ihrer Stakeholder genügen müssen (wie z.B. Rapportierung von Daten für die Berechnung von Nachhaltigkeitskennzahlen). Der damit verbundene Aufwand darf nicht unterschätzt werden. Da mittelfristig die Einführung der Prüfpflicht vom Bundesrat angestrebt wird, ist die Weiterentwicklung resp. Professionalisierung der nichtfinanziellen Berichterstattung ein zentrales Element und eine nachhaltige Unternehmensführung ein wichtiger Bestandteil einer guten Governance.

11.07.2024