Die 17 «Sustainable Development Goals» der UN (SDG) werden in den sich dazu verpflichtenden Ländern umgesetzt. Vielerorts stehen bei den SDGs und den ESG-Kriterien - für «Environmental», «Social» und «Governmental» - (noch) Klimawandel und -anpassung im Vordergrund. Dabei sind die weiteren Handlungsfelder vielfältig. Sie betreffen Themen wie Ernährung, Bildung, Gleichberechtigung und Inklusion, Arbeitsgestaltung und -formen sowie Verhinderung von Kinderarbeit und Sklaverei - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Die Vielfalt dieser Handlungsfelder und die Frage nach der persönlichen Rolle in dieser Reise überfordern viele. Wie können sich Finanzmarktteilnehmer positionieren, um einen wertvollen und attraktiven Beitrag leisten zu können? Wir zeigen es am Beispiel der Verhinderung von moderner Sklaverei auf.
Zusammenhänge
SDG 8 lautet: «Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern». Ein abgeleitetes Unterziel (8.7) ist die Vermeidung moderner Sklaverei.
Moderne Sklaverei ist die schwere Ausbeutung anderer Menschen zum persönlichen oder kommerziellen Vorteil. Schätzungsweise 40 Millionen Menschen sind weltweit in moderner Sklaverei gefangen, ein Viertel davon sind Kinder, fast drei Viertel Frauen und Mädchen. Die häufigsten Formen sind Menschenhandel, Zwangsarbeit, Schuldknechtschaft, Sklaverei aufgrund der Abstammung und Sklaverei von Kindern.
Regulatorische Anforderungen
Die Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung (NFRD/EU-Richtlinie 2014/95) von grossen Unternehmen fordert die Veröffentlichung von Informationen über die Einhaltung der Menschenrechte, die Bekämpfung von Korruption und Bestechung sowie die Behandlung von Mitarbeitern. Auch in der Schweiz werden neue Bestimmungen zur Berichterstattung über nichtfinanzielle Belange (OR 964bis ff.) eingeführt, die grosse Marktteilnehmer verpflichten, über Risiken und Massnahmen ihrer Geschäftstätigkeit in den Bereichen Umwelt, Sozialbelange, Arbeitnehmerbelange, Menschenrechte und Bekämpfung der Korruption Transparenz zu schaffen. Ergänzend zu erwähnen sind entsprechende Vorschriften aus der Geldwäschereiverhinderung.
Die Credit Suisse berichtet beispielsweise seit 2017 (basierend auf dem UK Modern Slavery Act 2015) über ihre Commitments (Equator Principles, PRI, PRB), die Berücksichtigung in den Risk-Prozessen, den Produkten, dem Partner Management, in Schulungen und in geplanten nächsten Schritten.
Initiativen:
- UN Guiding Principles on Business and Human Rights
- Principles to Guide Government Action to Combat Human Trafficking in Global Supply Chains (US, UK, Kanada, Australien, Neuseeland) (2017)
- Alliance 8.7 Global Partnership for Eradicating Forced Labour, Modern Slavery, Human Trafficking and Child Labour
- EU Regulatory Proposal on Mandatory Corporate Human Rights Due Diligence (2020)
- CH: Strategie «Nachhaltige Entwicklung 2030» - der Bundesrat zeigt auf, wie er die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in den nächsten zehn Jahren umsetzen will; Vernehmlassung abgelaufen
- FAST Finance Against Slavery and Trafficking (Liechtenstein, Australien, Niederlande, UN University Centre for Policy Research) (2018); Blueprint mit 5 Zielen: ‘Compliance with Law’, ‘Knowing and Showing Risks’, ‘Using Leverage Creatively’, ‘Effective Remedy’ und ‘Innovation for Prevention’
- OECD Following the Money – Compendium of Resources and step-by-step Guide to Financial Investigations related to Trafficking
Rolle der Finanzmarktteilnehmer
Finanzen sind ein Hebel, der die gesamte Weltwirtschaft bewegen kann. Der Finanzsektor hat einen beispiellosen Einfluss auf die globale Wirtschaft und kann in nachhaltige Geschäftspraktiken investieren und diese fördern, die helfen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden.
Der beste Grund für Finanzmarktteilnehmer, sich diesem Thema anzunehmen, ist aber nicht regulatorischer Druck, sondern vielmehr, um Anleger und Anlegerinnen, denen das Thema wichtig ist, gezielt Anlagemöglichkeiten offerieren zu können, die auf solche Kriterien nachweislich überprüft worden sind.
Kritische Erfolgsfaktoren, notwendige Schritte
Um das sicherstellen zu können, müssen Finanzdienstleister ihre Mitarbeitenden schulen.
- Die Kundenbedürfnisse sorgfältig erheben und dokumentieren.
- Einen Due-Diligence-Prozess für Anlageentscheide implementieren.
- Ihre Wertschöpfungskette und Provider miteinbeziehen.
- End-to-end Compliance mit den Kundenvereinbarungen sicherstellen.
- Mindestens im Rahmen regulatorischer Vorgaben oder ihrer weiteren Verpflichtungen (PRI/PRB/UN Global Compact Mitgliedschaften, etc.) Bericht erstatten und entsprechende Prozesse etablieren.
Finanzmarktteilnehmer verpflichten sich verstärkt zur Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen. Auch seitens der Anleger und Anlegerinnen zeigt sich eine zunehmende Nachfrage nach Finanzinstrumenten der Kategorie «Sustainable Finance», die erwiesenermassen entsprechende Kriterien erfüllen. Dabei steht Nachhaltigkeit nicht einzig für die Klimathematik – denn die Handlungsfelder sind vielfältig und erstrecken sich über diverse Themenbereiche, welche allesamt von zentraler Relevanz sind.