Die fundamentale Umstellung auf SARON – das Ende des LIBOR

Der Wandel am Geldmarkt – «Geld gegen Sicherheiten» anstelle «Geld gegen Bonität» – sowie ein Manipulationsskandal haben dazu beigetragen, dass die Tage einer der wichtigsten Kennzahlen an den Finanzmärkten gezählt sind. Bis Ende 2021 wird der LIBOR (London Interbank Offered Rate) eingestellt und in der Schweiz durch den Swiss Average Rate Overnight – kurz: SARON – abgelöst. Die SIX Swiss Exchange fungiert als Benchmark-Administrator und ist verantwortlich für die Berechnung und die Publikation.

Der LIBOR dient seit seiner offiziellen Einführung 1986 als Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander ohne Sicherheiten Geld leihen. Da Banken jedoch seit der Finanzkrise im Jahr 2008 praktisch ausnahmslos Sicherheiten bieten müssen, um Geld zu leihen, gibt es nur noch sehr wenige solcher Transaktionen. Die Berechnung des LIBOR basiert daher fast ausschliesslich auf Expertenschätzungen, was ihn anfällig auf Manipulationen macht. Ein solcher Manipulationsskandal wurde 2012 publik. Banken sprachen sich ab und manipulierten den LIBOR zur eigenen Bereicherung.

Aufgrund dieser Defizite muss der LIBOR in der Schweiz dem SARON weichen, welcher robuster und repräsentativer ist und über eine transparente Methodik verfügt.

LIBOR vs. SARON – wo liegen die Unterschiede?

Im Unterschied zum LIBOR – welcher anhand der Meldungen von fünf bis acht Banken geschätzt wird – basiert die Berechnung des SARON auf abgeschlossenen Transaktionen (Durchschnitt von ca. 160 Zinssätzen pro Tag). Die Berechnung erfolgt neu alle 10 Minuten, während der LIBOR lediglich einmal am Tag berechnet wurde. Der SARON ist somit deutlich breiter abgestützt und lässt sich nicht mehr manipulieren. Nichtsdestotrotz, die LIBOR-Ablösung ist überaus komplex und bringt operationelle Risiken mit sich.

Risiken bei der SARON-Einführung

Bei der Umstellung auf SARON handelt es sich um einen grundlegenden Umbau der Finanzinfrastruktur. Aufgrund der hohen Volumina an LIBOR-Verträgen stellt die Ablösung des LIBOR per se ein Risiko dar. Pauschal kann gesagt werden: Wo Zins drin steckt, ist der LIBOR tangiert. Nicht zu unterschätzen sind Auswirkungen auf das Kreditgeschäft, das Risiko- und Vertragsmanagement als auch die IT. Die Banken sind mit der Umstellung von etlichen Prozessen, Verträgen und Systemen konfrontiert.

Wo steht die Branche bei der SARON-Einführung?

Der SARON steht bereits seit Mitte 2019 als Alternative zum CHF-LIBOR zur Verfügung. Jedoch zeigt eine Erhebung im Juni 2020 auf, dass in der Schweiz immer noch ein Gesamtvolumen von über CHF 2 Billionen an Finanzinstrumenten, die über 2021 hinauslaufen, an den LIBOR in Schweizer Franken gebunden ist. Insgesamt handelt es sich in der Schweiz sogar um mindestens CHF 14 Billionen an Finanzinstrumenten, die an den LIBOR gebunden sind. Der Wegfall des LIBOR per Ende 2021, einschliesslich des LIBOR in Schweizer Franken, stellt daher ein signifikantes operationelles Risiko dar.

Mit dem Näherrücken des voraussichtlichen Datums des Wegfalls des LIBOR steigt der Druck auf die Sicherstellung eines geordneten Übergangs vom LIBOR zu alternativen Zinssätzen. Fortschritte konnten bisher insbesondere im Vertragsmanagement dank Rückfallklauseln zu alternativen Zinssätzen im Derivatebereich erzielt werden.

Fazit

Der geordnete Übergang zum SARON-Referenzzinssatz ist Bestandteil des Aufsichtsfokus der FINMA für das Jahr 2021. Hierzu werden Beaufsichtigte hinsichtlich Risiken, die mit der LIBOR-Ablösung verbunden sind, vermehrt von der FINMA kontrolliert. Um das Ziel einer vollen operationellen Bereitschaft bis Ende 2021 zu erfüllen – d.h. das Funktionieren aller Systeme und Prozesse ohne Abhängigkeiten zum LIBOR –, kann sich eine allfällige Adjustierung des Projektplans lohnen.

04.02.2021