Währungsmanipulation versus Wechselkursmanipulation

Die SNB betreibt ihre eigene Geldpolitik

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) verfolgt als vorrangiges Ziel die Gewährleistung der Preisstabilität in der Schweiz. Aufgrund der tiefen, zeitweise gar negativen Inflation ist es gemäss Thomas Jordan, Präsident der SNB, wichtig, eine expansive Geldpolitik zu betreiben. Devisenmarktinterventionen spielen dabei eine zentrale Rolle.

Auch im 2020 musste die SNB verschiedentlich am Devisenmarkt intervenieren. Insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie drängten Investoren in der ersten Jahreshälfte vermehrt in den als sicheren Hafen geltenden Schweizer Franken, was ohne Interventionen der SNB in der Höhe von rund CHF 90 Milliarden wohl eine starke Aufwertung des Schweizer Frankens zur Folge gehabt hätte.

Das US-Finanzministerium publiziert

Unter anderem führten ebendiese Interventionen der SNB nun dazu, dass die Schweiz im Dezember 2020 von den USA in einem ausführlichen Bericht als Währungsmanipulatorin eingestuft wurde. Zur Beurteilung, ob ein Land Währungsmanipulation betreibt, beziehen sich die USA auf die folgenden drei Kriterien:

  1. Ein Land weist gegenüber den USA einen Überschuss von mindestens 20 Milliarden US-Dollar im Warenhandel aus,
  2. es hat einen Leistungsbilanzüberschuss gegenüber der Welt von mindestens zwei Prozent, und
  3. die Notenbank des Landes interveniert während der Beobachtungsperiode von mindestens sechs Monaten mit mehr als zwei Prozent des eigenen BIPs an den Devisenmärkten, um den Wert der eigenen Währung zu beeinflussen.

Die Schweiz «erfüllte» gemäss dem US-Finanzministerium für die Beobachtungsperiode von Mitte 2019 bis Mitte 2020 alle drei Kriterien.

Status quo

Trotz der Einstufung der Schweiz als Währungsmanipulatorin durch die USA sieht Thomas Jordan weder einen Grund, die Geldpolitik der SNB zu ändern, noch befürchtet er Sanktionen seitens der USA. Zwar würde die Schweiz alle drei Kriterien erfüllen, da die Anwendung der Kriterien auf die Schweiz jedoch nicht sinnvoll sei und entsprechend falsche Ergebnisse liefere, könne man daraus nicht ableiten, dass die Schweiz eine Währungsmanipulatorin sei. Dies müsse den USA nun verständlich erklärt werden, so Thomas Jordan. Ob es trotzdem zu Sanktionen wie beispielsweise der Erhebung von Zöllen auf Exportprodukte in die USA kommen wird, wird wohl unter anderem auch vom Verhältnis zur neuen Administration der USA abhängen.

Besonderheiten des Devisenhandels

Der Devisenmarkt ist der Markt mit der höchsten Liquidität weltweit und findet von Sonntag, 22:00 Uhr bis Freitag, 23:00 Uhr meist im «ausserbörslichen» Interbankenhandel über elektronische Plattformen statt. Er ist damit während fünf Tagen die Woche 24 Stunden am Tag geöffnet, Zentralbanken und verwandte Organisationen können auch übers Wochenende Geschäfte abwickeln. Ende des letzten Jahres erreichte der durchschnittliche weltweite Tagesumsatz im Devisenhandel über 6 Billionen US-Dollar, was einem Vielfachen der Umsätze an den Aktienmärkten entspricht. Einen Grossteil des Umsatzes (rund 80%) machen dabei Transaktionen in den Hauptwährungspaaren aus, zu welchen auch das Währungspaar USD/CHF zählt.

Während die massiven Eingriffe der SNB am Devisenmarkt also nicht per se als Währungsmanipulation erachtet werden können, stellt sich die Frage, ob mit grossen Devisengeschäften die Wechselkurse manipuliert werden können. Zentral- oder Notenbanken ausgenommen, scheint es mit Blick auf die am Devisenmarkt täglich umgesetzten Volumen jedoch kaum möglich, Devisenkurse zu beeinflussen oder gar zu manipulieren.

Auch die Geschäftsbanken handeln täglich enorme Summen im Devisenhandel, auf eigene und auf fremde Rechnung. Beim Handel auf eigene Rechnung handeln sie gemäss ihrer definierten Strategie und sind den Schwankungen des Marktes ausgesetzt. Beim Handel auf fremde Rechnung handeln die Geschäftsbanken die Aufträge ihrer Kunden nach deren Vorgaben. Insbesondere hier ergibt sich ein Spielraum, den die Banken zu Wechselkursmanipulationen und damit zu Ungunsten ihrer Kunden ausnützen könnten.

Devisenmarktregulierung in der Schweiz

In der Schweiz ist der Devisenhandel im Vergleich zum Effektenhandel nur marginal reguliert. Der Effektenhandel ist beispielsweise im Finanzmarktinfrastrukturgesetz und dem Rundschreiben 2013/08 «Marktverhaltensregeln» der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) geregelt, es gibt in der Schweiz jedoch kein explizites Gesetz, welches den Devisenhandel reguliert. Die Regulierung konzentriert sich auf die Überwachung der Devisenmarktteilnehmer. In der Schweiz werden Devisenhändler von der FINMA überwacht und müssen seit 2008 über eine Banklizenz verfügen.

Fazit

Vor einigen Jahren schloss die FINMA ein Enforcementverfahren wegen Verdachts auf marktmissbräuchliches Verhalten im Devisenhandel ab und sprach sowohl eine Busse als auch mehrere Berufsverbote aus. Die Rechtmässigkeit der verhängten Berufsverbote und die Anwendbarkeit der Gewährsbestimmung für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit auf Devisenhändler ohne Führungs- und Verwaltungsfunktion wurden zum Teil erfolgreich angefochten.

Es stellt sich die Frage, ob die Aufsichtsregeln für den Effektenhandel auch auf den Devisenhandel angewandt werden sollten. Zum einen deshalb, weil Devisenhändler über eine Banklizenz verfügen müssen und entsprechend durch die FINMA prudenziell beaufsichtigt werden. Zum andern, weil auch im Devisenhandel viel Raum für nicht zulässige Verhaltensweisen besteht.

21.01.2021