Fazit zum Jahresende 2020: Trotzen Steuerthemen der Pandemie?

«How much money?» fragt der Zöllner am Grenzübergang nach Italien Mitte Dezember 2020. Eine unerwartete Frage, lag doch der Corona-Passierschein in Form einer Selbstdeklaration schon zum Vorweisen bereit. «No money!» die prompte, etwas konsternierte Antwort – das Corona-Brieflein bleibt im Handschuhfach.

Die Situation, die sich genau so zutrug, indiziert, dass die Steuerthemen im Aufmerksamkeitsranking auch 2020 weit vorne mitmischen, wie wir anhand von drei Beispielen aufzeigen.

Inkrafttreten der Änderungen von AIAG und AIAV per 1. Januar 2021

Der Fahrplan wurde trotz Corona eingehalten. Die geplanten Änderungen des AIAG und der AIAV traten per 1. Januar 2021 in Kraft. Bereits im Juni hatte das Eidgenössische Parlament die Änderungen am AIAG gutgeheissen und der Bundesrat zog im November mit der Anpassung der Verordnung nach.

Zusammengefasst beinhalten die Anpassungen des AIAG die Aufhebung der Ausnahmebestimmung für Stockwerkeigentumsgemeinschaften sowie gewisse Anpassungen bei den Sorgfaltspflichten. Des Weiteren werden neu die Beträge nur noch in US-Dollar ausgewiesen und es wird eine Dokumentenaufbewahrungspflicht für meldende schweizerische Finanzinstitute eingeführt.

Die AIAV erfährt sodann u.a. folgende Änderungen, um nur die wichtigsten zu nennen:

  • Art. 7 wird aufgehoben: Somit qualifizieren Miteigentümerschaften entsprechend der Empfehlung des Global Forum in jedem Fall als Non-Financial Entities (NFE) (und nicht wie zuvor möglicherweise als nicht-meldende Finanzinstitute).
     
  • Art. 15 wird aufgehoben: Konten, die im Ansässigkeitsstaat des Kunden als ausgenommene Konten qualifizierten, durften auch in der Schweiz als solche behandelt werden. Neu sind meldende Schweizer Finanzinstitute verpflichtet, die von dieser Ausnahmebestimmung betroffenen Konten auf ihre Meldepflicht zu überprüfen.
     
  • Art. 27 wird aufgehoben: Bis anhin galt das Fehlen einer gültigen Steueridentifikationsnummer (SIN) nicht als Killerkriterium für die Eröffnung eines neuen Kontos. Neu muss diese zwingend eingeholt werden, wenn ein teilnehmender Staat eine solche ausgibt. Art. 35a hält fest, dass in Bezug auf Konten, die keine SIN enthalten, den Finanzinstituten eine bestimmte Übergangsfrist zur Einholung einer solchen eingeräumt wird.

Die Auswirkungen der Neuerungen für die Finanzinstitute bedürfen geringer Anpassungen in Prozessen und Arbeitsabläufen.

10 Jahre «kleine» Steueramnestie Schweiz – was hat’s gebracht?

Seit Januar 2010 ist in der Schweiz die sogenannte «kleine» Steueramnestie in Kraft. Die Amnestie gibt einmalig die Möglichkeit, versteckte Vermögen und Einkommen zu deklarieren, ohne mit einer Strafverfolgung und einer Busse rechnen zu müssen. Die hinterzogenen Steuern inklusive Zinsen müssen allerdings beglichen werden.

Gut zehn Jahre nach der Einführung des Regimes wurde 2020 verschiedentlich ein Fazit gezogen. Bis Ende August 2020 hat die ESTV insgesamt 103'350 Meldungen von «Nachsteuerverfahren aufgrund von Selbstanzeigen» erfasst – diese wurden ihr von den Kantonen übermittelt. Von den Kantonen wurden bis anhin rund 4.5 Mrd. Franken zusätzliche Steuereinnahmen gemeldet.

Die meisten Anzeigen fanden in der Folge des Inkrafttretens des AIA nach 2017 statt. Der AIA war jedoch nicht der einzige Motivator zur Selbstanzeige. Obwohl Gelder innerhalb der Schweiz nach wie vor dem Schweizer Bankgeheimnis unterstehen, kam es auch innerhalb der Schweiz vermehrt zu Offenlegungen – ob dieser vermeintliche Paradigmenwechsel hin zur Steuerehrlichkeit auch der Corona-Krise standhält, wird sich erst noch zeigen.

Nach der Einführung des AIA stellt sich die Frage, wie sich dies auf die Möglichkeit zur straflosen Selbstanzeige auswirkt. Nach Ansicht der ESTV wird die Kenntnis für dem AIA unterliegende Steuerfaktoren spätestens seit dem 30. September 2018 vorausgesetzt, so dass deren Anzeige nicht mehr aus eigenem Antrieb erfolgt. Deshalb ist nach Meinung der ESTV eine straflose Selbstanzeige seit diesem Zeitpunkt faktisch nicht mehr möglich. (Für Steuerfaktoren aus Staaten, die dem AIA später beitreten, gilt dies analog für den 30. September des Jahres, in welchem der diesbezügliche Datenaustausch (erstmals) stattfindet.) Die Beurteilung, ob eine Selbstanzeige die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, obliegt schlussendlich jedoch der zuständigen kantonalen Steuerverwaltung.

Die FATCA-Gruppenersuchen nehmen Fahrt auf

Im «gwp Monthly - Januar 2020» berichteten wir, dass 2019 die rechtlichen Grundlagen gelegt wurden, um auf FATCA-Gruppenersuchen seitens der USA auf Schweizer Seite reagieren zu können. Gemäss FATCA-Abkommen kann die US-Steuerbehörde IRS via ESTV Informationen zu sämtlichen Konten verlangen, die ihr von den schweizerischen Finanzinstituten aggregiert gemeldet wurden.

Der IRS macht nun Ernst. Auf der Webseite der ESTV wurden per 1. Dezember 2020 dreizehn Mitteilungen an namentlich genannte Banken aufgeschaltet, welche die konkreten Gruppenersuchen der Amerikaner ankündigen. Die von Amtshilfeersuchen betroffenen spezifizierten US-Personen und nichtteilnehmenden Finanzinstitute sowie allfällige weitere Vertragsparteien der betroffenen Kontobeziehungen werden ohne Namensnennung durch eine Mitteilung im Bundesblatt und auf der Internetseite der ESTV darüber informiert, dass (a) ein Gruppenersuchen eingegangen ist, (b) für jede vom Gruppenersuchen betroffene Kontobeziehung eine Schlussverfügung erlassen wird, und (c) die beschwerdeberechtigten Personen innert 20 Tagen nach dieser Bekanntmachung ihre Stellungnahme zur beabsichtigten Übermittlung der sie betreffenden Daten an den IRS einreichen können.

Das Fazit zum Jahr 2020 ist, dass die durch die Pandemie allgemein ausgelöste Unsicherheit die Agenda der internationalen Steuerthemen kaum beeinflusste – und dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch künftig nicht wird.

07.01.2021