Umsetzung von FIDLEG und FINIG (Teil 1): Zeit zum Zurücklehnen?

Nach Inkrafttreten von FIDLEG und FINIG am 1. Januar 2020 waren Vermögensverwalter und Trustees verpflichtet, sich in einem ersten Schritt bis am 30. Juni 2020 bei der FINMA zu melden und ihre Absichten bezüglich Bewilligungsprozess kundzutun. In einem zweiten Schritt müssen diese nun die notwendigen Vorkehrungen treffen, um bis spätestens Ende 2022 eine Bewilligung der FINMA beantragen zu können.

Während Vermögensverwalter und Trustees somit die erste von FIDLEG/FINIG auferlegte fristgebundene Hürde genommen haben, sind es aktuell die Kundenberater, welche die für sie am 19. Januar 2021 ablaufende Übergangsfrist im Auge behalten sollten und rechtzeitig ein Gesuch um Eintragung in einem Beraterregister einreichen müssen.

Einreichung Bewilligungsgesuch - wann ist es fünf vor zwölf?

Bis Ende 2022 müssen Vermögensverwalter und Trustees bei der FINMA eine Bewilligung beantragen und nachweisen, dass sie einer AO angeschlossen sind. Laut FINMA sind per 30. Juni 2020 1'934 Vermögensverwalter und 272 Trustees an einer Bewilligung interessiert. Davon haben rund 12% angekündigt, dieses Jahr die Bewilligung zu beantragen, wobei die ersten Vermögensverwalter bereits eine solche erhalten haben. Im 2021 haben 29% und im 2022 59% der Population ein Bewilligungsgesuch geplant.

Es scheint darauf hinauszulaufen, dass die meisten Vermögensverwalter und Trustees erst ab Mitte 2021 bezüglich dem Bewilligungsgesuch aktiv werden. Viele möchten zuwarten und von Erfahrungen anderer im Bewilligungsprozess profitieren. Auch wenn es sinnvoll sein kann, nicht der Erste in der Warteschlange zu sein, ist zu bedenken, dass der hintere Teil der Warteschlange zu Stosszeiten auch nicht sehr vorteilhaft ist. Zudem muss bedacht werden, dass die neuen Strukturen (z.B. im Bereich der Governance) schon mit dem Einreichen der Bewilligung stehen müssen – eine zeitige Umsetzung der FIDLEG/FINIG-Vorgaben ist daher zu empfehlen.

Aktuelle Pendenzen für Vermögensverwalter und Trustees

Der Handlungsdruck für Vermögensverwalter und Trustees scheint somit - nachdem für die weitere Umsetzung noch nicht alles «in Stein gemeisselt» ist – vorerst abzunehmen. Doch der Schein trügt, denn der Ablauf der Übergangsfristen ist in Anbetracht der anstehenden Aufgaben gar nicht allzu weit entfernt. Bald müssen wichtige strategische und unternehmerische Entscheide gefällt werden, so etwa:

  • Macht aufgrund der Unternehmensgrösse ein Outsourcing der Risikomanagement- und Compliance-Funktion Sinn?
  • Müssen diese Funktionen von ertragsorientierten Stellen unabhängig sein?
  • Erfüllt das Management des Unternehmens die gesetzlichen Gewährserfordernisse in allen Teilen oder muss eine personelle Veränderung oder Verstärkung initiiert werden?

Neben der Beantwortung dieser Fragen müssen das Kundenvertragsset und das interne Weisungswesen im Hinblick auf die regulatorischen Anforderungen sowie die veränderten Abläufe und Gegebenheiten aktualisiert werden. Ebenso ist der Anschluss an eine Ombudsstelle für Finanzdienstleister an die Hand zu nehmen.

Alle diese Tätigkeiten sind nicht von heute auf morgen umgesetzt, es gilt somit, die Weichen strategisch richtig zu stellen und den vorhandenen zeitlichen Spielraum für operative Anpassungen effizient zu nutzen.

Kundenberater - Zurücklehnen ist keine Option

Vermögensverwalter und Trustees können also zumindest die Spätsommertage dieses Jahres geniessen, um ihr Unternehmen alsdann im Sinne der vorgenannten Punkte mit frischem Elan an die neuen regulatorischen Erfordernisse auszurichten.

Dies trifft so auf die Kundenberaterinnen und Kundenberater von Finanzdienstleistern, welche keiner Aufsicht unterstehen und ihre Dienstleistung in der Schweiz erbringen, nicht zu: Nachdem die FINMA am 20. Juli 2020 die erste Registrierungsstelle für Kundenberaterinnen und Kundenberater zugelassen hat, läuft die sechsmonatige Übergangsfrist für ein Gesuch um Eintragung in einem Beraterregister am 19. Januar 2021 ab. Auch hier lohnt sich ein rechtzeitiges Tätigwerden.

03.09.2020