Die EU hat Ende Juni 2019 im Streit um das Rahmenabkommen mit der Schweiz die Börsenäquivalenz der Schweizer Börse auslaufen lassen. Hintergrund der Auseinandersetzung sind die seit 2014 dauernden Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über ein institutionelles Rahmenabkommen. Die Börsenäquivalenz wird so als Druckmittel eingesetzt.
Wie läuft der Börsenhandel nun ab?
Mit der Aberkennung der Gleichstellung ist es EU-Aktienhändlern nicht mehr erlaubt, mit Schweizer Aktien an der Schweizer Börse zu handeln, wenn diese Schweizer Titel auch an EU-Börsen gehandelt werden. Mit der Gegenmassnahme, dass die Schweiz nämlich die EU-Handelsplätze ab dem 1. Juli 2019 nicht mehr anerkennt, will der Bundesrat eine Abnahme des Handels mit Schweizer Aktien in der EU erreichen.
Dies findet denn auch statt. Der Handel mit Schweizer Aktien in der EU ist praktisch zum Erliegen gekommen. In der ersten Juli-Hälfte sei das tägliche Handelsvolumen in Zürich um 17 Prozent angestiegen. Zahlen der SIX zeigen, dass Ende Juli der Anstieg gar bei rund 34 Prozent lag. Im August ging das Volumen zwar knapp elf Prozent zurück, befand sich gegenüber dem Juni aber im Plus von rund 19,5 Prozent.
Ist der Kauf einer EU-Börse die Lösung?
Ja und nein. Kurzfristig liesse sich so ein Kauf kaum realisieren. Einerseits müsste die SIX eine geeignete Börse für eine Übernahme oder Partnerschaft überzeugen können. Andererseits würde sich die EU in irgendeiner Form zu dieser Transaktion einmischen. Langfristig könnte sich ein Engagement der SIX in der EU lohnen.
Appel an die Vernunft für eine Lösung
Die Vernunft scheint langsam aber sicher zu siegen. Erstmals werben die Regierungen von neun Grenzregionen aus allen Nachbarländern in Brüssel in einer koordinierten Aktion für Verständnis für die Schweiz. Nach dem Streit rund um die Börsenäquivalenz warnen sie in einem Brief an EU-Kommissions-Präsident Juncker eindringlich vor einer bilateralen Negativspirale. Die Neubesetzung der EU-Kommission und die Schweizer Parlamentswahlen bieten die Chance, dass mit neuen Verhandlungspartnern der entscheidende Durchbruch in den bilateralen Beziehungen erzielt werden könnte.
Denn, die Börsenäquivalenz hat sich für die EU nicht als wertvolles Pfand erwiesen. Auf technischer Ebene wurde der Börsenplatz Schweiz seit längerer Zeit als gleichwertig mit den Handelsplätzen in der EU anerkannt. Diese Äquivalenz wurde jedoch aus politischen Gründen befristet. Und wenn Schweizer Aktien nicht mehr regelmässig an EU-Börsen gehandelt werden, benötigt die Schweizer Börse gemäss der EU-Finanzmarktverordnung auch keine Gleichwertigkeitsanerkennung.
Dass Vernunft und Bewegung in diese Angelegenheit kommen, dürfte ganz im Sinne der Anleger sein, sind es doch sie, welche die durch die politischen Umwege verbundenen Zusatzkosten zu tragen haben.