Mit dem geplanten Rundschreiben will die FINMA ihre langjährige Praxis der konsolidierten Aufsicht formell festigen und eine einheitliche Anwendung der einschlägigen bestehenden Normen aus dem Bankengesetz (BankG) und Finanzinstitutsgesetz (FINIG) sicherstellen. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass dies helfen kann, wiederkehrende Auslegungsfragen effizienter zu beantworten und die Rechtssicherheit für betroffene Institute zu erhöhen. Erreicht werden soll dies unter anderem über eine Verdeutlichung des Konsolidierungskreises (Umfang der konsolidierten Aufsicht) sowie des Inhalts der gruppenweiten Aufsicht.
Regulatorischer Konsolidierungskreis
Der Konsolidierungskreis legt fest, welche Unternehmen einer Finanzgruppe unter die konsolidierte Aufsicht fallen. Die Tätigkeit im Finanzbereich wird dabei vorausgesetzt. Zusätzlich zu den in der Bankenverordnung (BankV) nicht abschliessend aufgeführten Tätigkeiten werden insbesondere folgende Tätigkeiten ebenfalls dem Finanzbereich zugeordnet: Finanzierungsleasing, Factoring, Kreditkartengeschäft, Teilnahme an Emissionen sowie die Verwahrung von Effekten, Zahlungsdienste und Ausgabe sowie Verwahrung von Zahlungsmitteln (inkl. Zahlungs-Token).
Im Weiteren setzt der Einbezug eines Unternehmens in den regulatorischen Konsolidierungskreis das Vorliegen eines Verbundsystems voraus. Das Rundschreiben enthält hier einen nicht abschliessenden Katalog von Hinweisen auf eine Beherrschung auf andere Weise bzw. einen faktischen Beistandszwang. Sofern die Zugehörigkeit eines Unternehmens zu einer Finanzgruppe nicht durch eine Mehrheitsbeteiligung an Stimmen oder Kapital gegeben ist, muss eine allfällige Zugehörigkeit unter Einbezug sämtlicher Fakten und Umstände des Einzelfalls beurteilt werden.
Die Beurteilung erfolgt in erster Linie durch das Institut bzw. die Finanzgruppe. Die Prüfgesellschaft begutachtet diese Beurteilung im Rahmen der Prüfung. Genau hier ist bis anhin ein relativ diskretionärer Ansatz zu vermuten, der bezüglich Anwendung und Umsetzung der konsolidierten Aufsicht zu Unsicherheiten in der Praxis führen kann. Eine nahestehende Gesellschaft nicht oder nur teilweise zu konsolidieren, ist nur dann möglich, wenn sowohl aus quantitativer wie auch qualitativer Optik die Geschäftstätigkeit nicht wesentlich ist.
Gruppenweit geltende Vorschriften (Inhalt der konsolidierten Aufsicht)
Im Rundschreiben werden die gruppenweit geltenden Vorschriften in qualitative und quantitative Elemente unterteilt. Die qualitativen Bestandteile decken die Regulierungsbereiche Organisation, internes Kontrollsystem, Risikomanagement, Gewähr, Corporate Governance und Prüfwesen der Finanzgruppe ab. Die quantitativen Elemente decken die Regulierungsbereiche Eigenmittel (inklusive Zinsrisiken), Risikoverteilung, Liquidität und Rechnungslegung ab.
Ausblick
Für etablierte Finanzkonglomerate und internationale Gruppen mag das Thema nicht neu sein und das Rundschreiben wird an der Praxis nichts massgeblich ändern. Gerade für kleinere Finanzgruppen, z.B. für Banken mit zur Gruppe gehörenden Vermögensverwaltern oder Trustee-Gesellschaften, kann das Rundschreiben aber zu einer Verschärfung der Gruppenaufsicht in der Praxis führen. Institute, welche bereits heute unter der konsolidierten Aufsicht stehen, sind deshalb aus unserer Sicht angehalten, ihre aktuellen Überwachungstätigkeiten der Gruppengesellschaften neu zu beurteilen.
Die Anhörung zum FINMA-Rundschreiben «Konsolidierte Aufsicht von Finanzgruppen nach BankG und FINIG» endete am 1. November 2024. Die Verabschiedung des Rundschreibens ist im Mai 2025 und das Inkrafttreten per 1. Juli 2025 geplant. Wir gehen aktuell davon aus, dass es keine wesentlichen Anpassungen geben wird.