Grün ist derzeit die Trendfarbe schlechthin auf dem Schweizer Finanzplatz: Das Geschäft mit «nachhaltigen» Anlagen boomt. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie nachhaltig diese Anlageprodukte wirklich sind und wer dies bestimmen soll. So kommt beispielsweise eine Studie von Greenpeace Schweiz zum Schluss, dass es sich bei vielen der angebotenen Finanzprodukte um ein sogenanntes «Greenwashing» handelt.
Was versteht man unter Greenwashing?
Unter Greenwashing versteht man das Vortäuschen nachhaltiger Geschäftstätigkeit im Umweltbereich. Eine Bank könnte beispielsweise ökologische Ziele vermarkten, während sie in Wirklichkeit keine konkreten Massnahmen vornimmt, um diese Ziele tatsächlich zu erreichen. Besonders bei den als nachhaltig bezeichneten Anlagefonds sieht Greenpeace Schweiz Defizite: Viele der Produkte seien weder nachhaltiger als andere Anlagen noch leisten sie einen Beitrag zur Bekämpfung der Klimakrise. Es ist allerdings zu erwähnen, dass, dass Greenwashing aufgrund dessen, dass es sich um eine relativ neue Thematik handelt und noch verschiedentlich Interpretationsspielräume vorhanden sind, nicht zwingend vorsätzlich begangen wird.
Was sind die Konsequenzen von Greenwashing für den Finanzdienstleister?
Die Finanzmarktgesetze haben unter anderem den Zweck, die Anleger zu schützen, dies durch Erhöhung der Transparenz und Verringerung der Informationsasymmetrie zwischen Finanzdienstleister und Anleger. So werden die Finanzdienstleister beispielsweise verpflichtet, ihre Kunden wahrheitsgetreu über die relevanten Anlagen zu informieren. Die Nichteinhaltung dieser Pflichten kann aus regulatorischer Sicht zu Beanstandungen zuhanden der FINMA führen.
Weiter könnte im Falle von Greenwashing das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) tangiert sein, wonach jedes täuschende oder in anderer Weise gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Verhalten, welches das Verhältnis zwischen Anbietern und Abnehmern beeinflusst, unlauter und damit widerrechtlich ist. Nicht zuletzt setzt sich die Bank mit Greenwashing Reputationsrisiken aus.
Mit welchen Massnahmen kann Greenwashing verhindert werden?
In der Schweiz sind Bestrebungen von Verbänden und der Politik erkennbar, die einer Stärkung des Themas Nachhaltigkeit und somit der Verhinderung von Greenwashing dienen sollen. So hat die Schweizerische Bankiervereinigung bereits im Juni 2020 ihren «Leitfaden für den Einbezug von ESG-Kriterien in den Beratungsprozess für Privatkunden» veröffentlicht. Ebenfalls im Juni 2020 publizierte die AMAS, damals noch unter dem Namen SFAMA Swiss Funds & Asset Management Association, zusammen mit Swiss Sustainable Finance (SSF) ihre Empfehlungen für ein nachhaltiges Asset Management.
Mit der Förderung von Transparenz und Offenlegung leistet auch die FINMA einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung von Greenwashing: Die revidierten Rundschreiben 2016/1 «Offenlegung – Banken» und 2016/2 «Offenlegung – Versicherer» traten am 1. Juli 2021 in Kraft (weitere Ausführungen dazu in unserem Beitrag «Neue Transparenzpflichten: Offenlegung klimabezogener Finanzrisiken»). Am 3. November 2021 hat die FINMA die Aufsichtsmitteilung 05/2021 zur Prävention und Bekämpfung von Greenwashing veröffentlicht. Darin legt die FINMA ihre Erwartungen und die aktuelle Praxis bezüglich der Verwaltung nachhaltigkeitsbezogener kollektiver Kapitalanlagen auf Fonds- und institutioneller Ebene dar. Ausserdem warnt es Finanzdienstleister, die nachhaltigkeitsbezogene Finanzprodukte anbieten, vor möglichen Greenwashing-Risiken im Beratungsprozess und am Point of Sale. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 17. November 2021 beschlossen, Transparenzmassnahmen zur Verhinderung von Greenwashing weiterzuverfolgen und den Abschluss von Branchenvereinbarungen mit den Finanzmarktakteuren gemäss dem Beschluss des Bundesrats vom 26. Juni 2019 anzustreben.
Fazit
Will ein Finanzdienstleister «grüne» Produkte und Dienstleistungen anbieten, so muss das Thema Nachhaltigkeit fest in der Unternehmensstruktur verankert und die Mitarbeitenden des Finanzdienstleisters auf das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert und geschult werden. Sodann bedingt das Thema Nachhaltigkeit klare Definitionen, Richtlinien, Prozesse und Kontrollen, sowie transparente Berichterstattung an die verschiedenen Stakeholder. Nur eine angemessene Organisation kann Greenwashing verhindern.